Montag, 20. Februar 2017

Dankbar...

... bin ich, dass alles so gekommen ist, wie es jetzt ist.

Ich kann mich kaum noch zurück erinnern, wie es war, täglich zur großen Firma zu gehen, im Büro vor dem Computer zu sitzen, ständig das Gefühl zu haben, dort total fehl am Platz zu sein. Ich war mehr als nur fertig, habe daheim immer wieder grundlos und hemmungslos geweint, konnte keinerlei Sinn in meiner Existenz mehr sehen. Zu sagen dass ich fertig war, ist vermutlich noch untertrieben. 

Das ging so über Monate, über Jahre. Ich wusste einfach nicht wohin. Ich dachte immer: "Reiß Dich zusammen, das musst Du schaffen! Ihr habt das Haus, das darfst Du nicht riskieren." Selbst eine Reduzierung der Arbeitszeit um einen Tag brachte nicht den gewünschten Effekt.

Und dann kam der Moment, der das Fass zum Überlaufen brachte. Es gab das jährliche Gespräch mit dem disziplinarischen und dem fachlichen Vorgesetzten, in dem der fachliche Chef eine Dreiviertelstunde lang letztendlich nur sagte wie unzufrieden er mit mir ist, und wie ineffizient ich sei. Der disziplinarische Chef versuchte zwar zu vermitteln und abzuschwächen, den Fokus von der Vergangenheit auf die Zukunft zu richten, was ich denn nun anders machen sollte, usw. - aber nach kurzer Zeit kam wieder "unzufrieden" und "ineffizient". 

Zu diesem Zeitpunkt arbeitete ich bereits anderthalb Jahre bei dem fachlichen Chef, und er hatte nur einmal, fast ein Jahr vorher, beim Abschluss eines kleinen Projektes gesagt, dass ich zu viel Zeit dafür gebraucht hatte, danach nichts mehr. 

Es war wie eine riesige unerwartete Woge Eiswasser, welches mir den Boden unter dem Füßen raubte und mich in die Tiefe des Ozeans zog, besinnungslos, betäubt.


Natürlich bekam ich einen richtig miesen Migräneanfall. Den Rest des Tages brachte ich dann irgendwie hinter mich, abends daheim war ich mir noch lethargisch, apathisch, einfach fertig. 

Ich hatte nur noch den einen Gedanken: ich MUSS da weg! Wenn ich überleben will, muss ich da irgendwie raus, sonst geh ich komplett kaputt und lande in der Nervenklinik. 

Und dann, als ich ins Bett ging, da kam der Gedanke: ich will Gärtnerin werden! 

Vorher schon hatte ich immer wieder überlegt, mal in den Gärtnereien der Umgebung wegen Möglichkeiten für mich nachzufragen, aber das war nie wirklich konkret. Aber in diesem Moment WUSSTE ich es. 

Das war ein Donnerstag.

Am nächsten Tag, also Freitag, sind wir nach der Arbeit tatsächlich in die Gärtnerei da ich eine Pflanze brauchte, und ich habe beim Bezahlen all meinen Mut aufgebracht und gefragt: "Wen müsste ich hier fragen wegen einer Ausbildung?" Der junge Mann an der Kasse meinte: "Mich.". Der Chef also! Ich wurde noch kleiner und meinte: "Es geht um mich, ich bin aber schon 32 Jahre alt..." Kein Problem, ich solle einfach meine Unterlagen abgeben. 

An einem sommerlichen Samstagmorgen habe ich dann auf der Terrasse meine Unterlagen zusammengestellt, ein Bewerbungsschreiben verfasst, alles ausgedruckt und in einen Briefumschlag gesteckt. Mittags habe ich das dann direkt dem Chef in die Hand gedrückt. "Das ging ja schnell!"

Es dauerte bis Dienstag, bis ich die Mail bekam die mich fliegen ließ: Sie wollten mich zum Bewerbungsgespräch sehen. Dieses war dann am Freitag. 

Ich hatte noch nie so ein entspanntes Bewerbungsgespräch. Ich hatte eher das Gefühl, dass die Gärtner fürchteten dass ich mir falsche Vorstellungen vom Job und den Finanzen mache, als dass sie tatsächlich mich bewerten und prüfen wollten.

Am nächsten Tag, Samstags, bin ich dann zum Probearbeiten gekommen, und am Montagmorgen kam dann der Anruf: Sie würden mich nehmen, wenn ich denn wollte. NATÜRLICH!!! Das war einer der schönsten Momente in meinem Leben!

Wiederum am Samstag habe ich den Ausbildungsvertrag unterschrieben, und dann am Montag mit höchstem Genuss meine Kündigung abgegeben. Seitdem bin ich glücklich.

Ich bin einfach nur glücklich, dass sie mich genommen haben, dass mir die Arbeit so viel Spaß macht, dass die Kollegen so ein nettes Team sind, dass ich das Gefühl habe in einer Familie angekommen zu sein. Angekommen!

In Leben so oft umgezogen, später auch beruflich innerhalb der Firma viel rumgeschoben geworden, so oft und immer wieder das komplette soziale Umfeld verloren - und jetzt tatsächlich angekommen! Ich bin wieder lebendig! Ich lebe!

Und das Wichtigste hab ich vergessen zu erwähnen: 

Ich bin vor allem einem Menschen dankbar: meinem Mann, der gesagt hat: "Mach das, zieh es durch! Das Geld ist nicht wichtig, wir schaffen das shon irgendwie. Und WENN es eben ein paar Jahre länger dauert das Haus an zu bezahlen. Es zählt nur Deine Gesundheit, also mach es!"

Ich liebe Dich!



PS: 

Dieses Foto habe ich auf der Heimfahrt mit dem Fahrrad vom Bewerbungsgespräch an jenem Freitagvormittag gemacht, mit der Hoffnung dass es ein Foto von meinem zuküntigen Arbeitsweg sein möge. Und so ist es jetzt auch gekommen.

Danke!

2 Kommentare:

Martl hat gesagt…

Liebe Nena, das ist ein echt starker Post, der uns wirklich sehr berührt hat! Wir können Dir/Euch nur noch einmal zu Deinem/Euren Entschluss gratulieren. Seit Deinem Berufswechsel bist Du tatasächlich ein anderer Mensch geworden und hast Dich absolut zu Deinem Vorteil verändert! Einfach nur toll!!! Wir freuen uns von ganzem Herzen mit Euch. Liebe Grüße Claudia und Martin

Mohnrot hat gesagt…

Vielen vielen lieben Dank!!!

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